Präsident des Deutschen Bundestages - Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble ist der Präsident des Deutschen Bundestages und er erinnert daran, was für ein unglaublicher Abgrund in der menschlichen Geschichte die Shoah gewesen ist.
Je älter ich werde, ich bin 1942 geboren, umso weniger kann ich verstehen, begreifen, was damals gewesen ist. Es wird mir immer noch unfasslicher. Und das kommt in diesen Bildern von David Olère auch zum Ausdruck. Es ist im Grunde die Konfrontation damit, was der Mensch, dieses Unergründliche, dass es Menschen, waren ja Menschen, es waren Deutsche - man kann es sich überhaupt nicht vorstellen und doch ist es auch der Mensch gewesen und mit diesem Unfasslichen müssen wir uns alle, die Jungen, die Älteren, die, die politische Verantwortung tragen, aber auch die, denen an Demokratie und Menschenwürde gelegen ist, immer wieder beschäftigen. Und deswegen machen wir das.
Das ist natürlich eine ganz ungewöhnliche Ausstellung und wir erinnern ja jedes Jahr daran, am Holocaust Gedenktag, was für ein unglaublicher Abgrund in der menschlichen Geschichte die Shoah gewesen ist. Die Zeitzeugen werden weniger, es ist jetzt 75 Jahre her seit der Befreiung von Auschwitz und umso wichtiger ist, dass wir immer wieder gedenken, weil die Zeitzeugen, die werden in der Zukunft immer weniger werden. Und da haben wir gesagt, da gibt es in diesem Jahr nichts Besseres, als die Zeichnungen eines Menschen, der selber da gewesen ist und der dieses Entsetzliche, dieses Unaussprechliche, versucht hat, in Zeichnungen festzuhalten. Das ist eine ganz ungewöhnliche Ausstellung und ich hoffe, dass sie große Aufmerksamkeit findet.
Die Demokratie, der freiheitliche Rechtstaat wird nicht stark sein, wenn sich die Menschen nicht dafür engagieren. Eine Demokratie ohne Demokraten gibt es nicht. Das haben wir ja auch vor 100 Jahren leider erleiden müssen. Und deswegen ist die richtige Lehre nur - wir müssen uns kümmern, wir müssen uns engagieren und wir müssen uns immer bewusst sein, dass allein das Schwärmen die Probleme noch nicht löst. Sondern man muss auch realistische Verantwortung übernehmen auf der Grundlage eines Bildes vom Menschen, dass ebenso, in all der Komplexität, die Verführbarkeit zum Negativen genauso wie die Möglichkeiten, großartigen, großartiger schöpferischer, auch moralischer, Leistungen umfasst.
Interview: Anne Kohlick, Benjamin von Essen