Orte in Auschwitz - Das Lagermuseum
Jürgen Kaumkötter ist Direktor des Zentrums für Verfolgte Künste in Solingen. Er ist Kunsthistoriker. Sein 2015 erschienenes Buch "Der Tod hat nicht das letzte Wort" über die Kunst in der Zeit des Nationalsozialismus gilt als Standardwerk. Gemeinsam mit der Gedenkstätte Auschwitz Birkenau hat er die Ausstellung über David Olere organisiert.
Das Lagermuseum befindet sich im Block 24 direkt am Lager Tor "Arbeit macht frei". Dieses Tor befindet sich im Auschwitz 1, Stammlager. Und direkt gegenüber vom Block 24 spielte das Lager Orchester. So ist es ein Ort gewesen, an dem die Häftlinge immer vorbei gehen mussten, aber nur wenige konnten hinein gehen.
Das geht überhaupt nicht zusammen. Aber Kunst ist ein natürliches Bedürfnis des Menschen. Menschen haben in jeder Situation, in der sie sich befunden haben, künstlerisch gearbeitet, um Situationen zu überleben, um Situationen zu beschreiben, um Zeugnis abzulegen. Und in Auschwitz ist all das passiert.
Im Lager wurde Kunst gemacht, im Lager wurde Kunst als Akt des Widerstands gemacht. Von Häftlingen, die ihre schrecklichen Erlebnisse in Kunst umgesetzt haben, die die gezeichnet haben, die die das gezeichnet haben, was ihnen angetan wurde. Die haben das Verbrechen festgehalten, technisch, juristisch. Es wurde aber auch Kunst als ein geistiges Asyl geschaffen. Man hat sich in eine Traumwelt hinein begeben, man ist geflohen in der Fantasie, man ist geflohen auch in der Fantasie der anderen Künstler, die für andere Häftlinge Portraits der Frauen gezeichnet haben. Oder 'mal mir ein Stück der Landschaft, in der ich so gerne gewesen bin, dann habe ich sie bei mir'. Und all das ist geschehen.
Eine Perversion, ein Missbrauch der Häftlinge fand in der Arbeitskraft der Häftlinge statt, es fand aber auch bei den Künstlern statt. Also wurden Künstler im Lager ausgebeutet und das ist ein Vexierspiel gewesen, ein Häftling hat den Lagerkommandanten Höß überzeugt, dass zu diesem Lager auch ein Museum gehört.
Es wurde das Lagermuseum gegründet, Franciszek Targosz hat es initiiert, Höß hat es genehmigt. Und es haben dort Künstler gearbeitet und haben nach dem Geschmack der SS Kunstwerke geschaffen, die dann geschenkt und getauscht wurden. Als Heinrich Himmler das Konzentrationslager Auschwitz besucht hat, wurde er in das Lagermuseum geführt und hat vielleicht auch ein Kunstwerk geschenkt bekommen
Als die industrielle Massenvernichtung hier und vor allem aber in Birkenau einsetzte und die die Lage der Wehrmacht immer katastrophaler wurde und alles auf Kriegsproduktion umgestellt wurde, hat Höß seinem eigenen Befehl, seiner eigenen Gestattung, ein Lagermuseum einzurichten, widersprochen und hat ein Ukas herausgegeben, dass Häftlinge nicht mehr eingesetzt werden für kitschige, künstlerische Arbeiten, sondern dass ab jetzt Häftlinge nur noch für kriegswichtige Tätigkeiten genutzt werden dürfen und damit wurde dann das Lagermuseum geschlossen und diese kurze Episode in dieser dunklen, schwarzen Welt von Auschwitz war beendet.
Bericht: Christine Thalmann, Julia Riedhammer